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"Jaja, die Ethiker ;-)"


Univ-Ass. Dipl.-Journ. Dr. Franzisca Weder, Lektorin FHWienLektorin Univ-Ass. Dipl.-Journ. Dr. Franzisca Weder im Interview

Lehrveranstaltung: Ethik in Wirtschaft und Massenkommunikation

Im 2. Semester JG 2010 BB ab 17. März 2007

Die Liebe zum Lehren zeigt die "reisende Lektorin" Frau Weder auch im folgenden E-Mail Interview mit KOMMPress-Redakteur flow, das sie gleich zu unserer Weiterbildung nutzte. Mit charmantem Geschick wurden wir mit ethisch korrekten Antworten belohnt und auf unsere klischeehaften Fragestellungen hingewiesen. Dieses Interview entstand erst nach der Klausur, um keine moralisch bedenklichen Kommunikationsbeziehungen zu erzeugen.

KOMMPress: Können Sie das Thema "Ethik in Wirtschaft und Massenkommunikation" in einem Wort oder in einem kurzen Satz zusammenfassen und zu welcher ethischen Einstellung raten sie den kommenden Kommunikationsgeneralisten?

Weder: Hier muss ich mich den Worten von S. Ruß-Mohl bedienen - das ist so schwer, wie einen Pudding an die Wand zu nageln. Wichtig ist, zu wissen, dass es hauptsächlich um Verantwortung im Zusammenhang mit Kommunikation geht. Den künftigen Kommunikationsmanagern rate ich, sensibel und aufmerksam zu sein und das eigene Handeln zu reflektieren.

KOMMPress: Glauben Sie, dass Nachhaltigkeitsberichte und CSR-Engagement (Corporate Social Responsibility) manchen Unternehmen nur als "Feigenblatt" dienen und wer verdient damit Geld?

Weder: Ja.

KOMMPress: In Ihrer Lehrveranstaltung haben Sie uns erklärt, die Gesellschaft aus drei Ebenen zu sehen. Von der Makro- (von oben), der Meso- und der Mikroebene (also von unten). Können wir die Gesellschaft auch als Aquarium sehen, in dem es jedem Einzelnen von "unten" gelingen kann, durch die Ebenen zu schwimmen und diese zu verändern?

Weder: Diese Ebenen bitte nicht zu "getrennt" sehen; sie bestehen ineinander, die Trennung in diese Aggregatebenen ist nur eine Konstruktion, um bestimmte Zusammenhänge leichter zu erklären. Alle Ebenen wirken dementsprechend auch mit- und ineinander, jedes Handeln (re)produziert die Gesellschaft. Auch jedes individuelle Handeln hat Auswirkungen auf deren strukturellen Zusammenhänge.

KOMMPress: Denken Sie, hinter der erfolgreichen Emanzipation der Frau in den letzen Jahrzehnten steckt ein Kommunikationskonzept und können Sie über persönliche Erfahrungen berichten, die Sie auf Ihrem Weg erlebt haben?

Weder: Das einzige Konzept, das vielleicht dahinter steckt, ist das Kommunikationstalent vieler Frauen :-) Nein, meiner Meinung nach haben wir es hier mit ganz "normalen" gesellschaftlichen Veränderungsprozessen zu tun - und Bewusstseinsveränderungen passieren bekanntlich langsam. Nach meiner eigenen Erfahrung kommt es auf persönliche Merkmale und Fähigkeiten an - und insbesondere darauf, sich gut zu verkaufen und die eigenen Stärken auch zu zeigen.

KOMMPress: Sie sind frisch verheiratet, wozu die Redaktion recht herzlich gratulieren möchte. Denken sie über eigene Kinder nach, wie viele wünschen Sie sich, und was halten sie von Eheverträgen?

Weder: Danke :-) Ja tagtäglich, insbesondere da mein Bauch zunehmend runder wird und ich inzwischen die Hälfte der Zeit geschafft habe (juhuu). Gott sei Dank geht es mir seit Beginn der Schwangerschaft, den die Ethik-Kurse in diesem Semester in Unwissenheit miterleben durften (grins), so gut, dass ich an so ca. drei Kindern denke. Eheverträge halte ich in dem Fall für angebracht, in dem mindestens eine der Seiten Vermögen welcher Art auch immer "in den gemeinsamen Topf wirft". Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass in allen Beziehungskonstellationen auf der Basis dessen, was dem Einzelnen wichtig ist (Treue, Offenheit etc.), bestimmte Vereinbarungen getroffen werden sollten. Und diese können ruhig einen "vertraglichen" Charakter haben, ohne dass man damit gleich zu einem Notar rennt.

KOMMPress: Welche Erfahrungen haben sie als gebürtige Deutsche mit Österreichern gemacht und sehen sie in der Figur des Edmund "Mundl" Sackbauer einen typischen Wiener?

Weder: Spannend, da wir uns letztens mit einer Freundin unterhalten haben, die ganz andere Erfahrungen als ich - und zwar negativer und diskriminierender Art - gemacht hat. Ich fühle mich insbesondere in Wien sehr wohl und habe nicht das Gefühl, "fremd" zu sein. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich von Klein auf eine "Reisende" war und ich viele Facetten von Deutschland erlebt habe. Stereotype gibt es immer - und das ist auch gut so. Eine Auseinandersetzung mit diesen stützt die Diversität der Gesellschaft. Ein reflektierter Umgang damit schützt vor Diskriminierung - und lachen sollte man auch darüber können.

KOMMPress: Die Arbeitslosenzahl in Österreich hat sich verkleinert, aber bezüglich Lohnniveau herrscht Unzufriedenheit. Wie kann dem Lohndumping gegengesteuert werden und wer profitiert von der "Generation Praktikum"?

Weder: Auch in dieser Frage arbeiten Sie mit Klischees :-) Die Generation Praktikum hilft natürlich all denjenigen, die kreative Arbeitswillige mit zumeist hohem Potential brauchen, dafür aber nicht so viel zahlen wollen - das ist nichts Neues. Wenn ich eine Lösung für diesen Konflikt hätte, könnte ich mir eine kleine Villa im 19. Bezirk leisten :-)

KOMMPress: Sie sind 1977 geboren, somit teilweise jünger als Ihre Studierenden. Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Weder: Ich würde mich freuen, wenn ich in zehn Jahren noch unterrichten darf - aber wo, an welcher Art Bildungsinstitution, ob in Österreich, Amerika oder Australien - da bin ich sehr offen.

KOMMPress: Was bedeutet Spaß für Sie, welcher gesellschaftlichen Strömung oder "Society" würden sie sich zuordnen?

Weder: Spaß ist für mich Begeisterung für das, was man tut - diese bei anderen zu wecken ist eines meiner Lebensziele. "Gesellschaftliche Strömungen" zu identifizieren, halte ich für einen verkürzten Versuch, bestimmte Bewusstwerdungsprozesse in der Gesellschaft begrifflich zu fassen. Labels wie die Spaßgesellschaft, auf die Sie hier abzielen, sind in meinen Augen unzureichend. Wichtig für mich sind Qualitäten der Lebendigkeit, Offenheit und die Möglichkeit, seinen Fähigkeiten entsprechend zu wachsen. Die Gesellschaft bietet viele solcher Möglichkeiten - auch wenn Sie hier, mit Sicherheit ein bisschen zu recht - mir eine sehr idealistische Perspektive nachsagen können - jaja, die Ethiker ;-)

KOMMPress: Danke für das ausführliche Interview. Wir wünschen nachfolgenden Semestern ebenfalls eine spannende Lehrveranstaltung!

2007-06-14 16:49
von komm.true
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