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Der Erfinder des Inders im Interview

„Ich habe eine Lehre als Schaufenstergestalter gemacht“

Michael Heine im Interview

Die Redakteurinnen komm.radieschen und komm.milkakuh von KOMMPress durften Michael Heine, den Werber und Erfinder des Inders in seinem Büro am Naschmarkt interviewen. Das schlichte Gemeinschaftsbüro bietet viel Ruhe und genügend Raum für unbegrenzte Möglichkeiten der Kreativität. Dafür brauche er, wie der sympathische Werber erklärt, nur den Computer und seinen Kopf. Wie genau so eine Idee entsteht, welche Werbung der gebürtige Deutsche mühsam findet und welche Tipps er uns Studierenden für die Zukunft gibt, erfahrt ihr im folgenden Interview:

 

KOMMPress: Sie sind jetzt selbstständig und sind vor allem bei der Agentur Blink als Creative Director tätig. Wie hat der Weg dorthin ausgesehen? Welche Ausbildung haben Sie gemacht?

Heine: Das wäre ein ganzer Roman. Wenn man das kurz machen will:  Zuerst habe ich ein Lehre als Schaufenstergestalter gemacht. Ich habe schon immer gewusst, dass mich Gestalten interessiert. Nachdem ich das Abitur dann nachgemacht habe, habe ich in Düsseldorf Grafik und Design studiert. Da gab es einen Studiengang für Visuelle Kommunikation und den habe ich als Diplom Designer abgeschlossen. Danach habe ich angefangen in einer Agentur zu arbeiten. Zuerst war ich Layouter und dann bin ich als Art Director nach Wien gekommen und habe hier eine Zeit lang bei Ogilvy gearbeitet, dann bei GGK und dann bin ich auch irgendwann mal Creative Director geworden. Ich habe eine Agentur gehabt, Blink hat zum Beispiel mir gehört. Diese habe ich dann verkauft und jetzt bin ich freiberuflich unterwegs.

KOMMPress: Was macht Ihnen bei ihrer Arbeit am meisten Spaß?

Heine: Am meisten Spaß macht mir, dass man sich eigentlich immer etwas Neues ausdenken muss.  Das hört sich jetzt sicher klischeehaft an. Aber es gibt keine Gedanken und Aufgaben, die man noch mal verwenden kann. Aufgabenstellungen und Probleme, die einen erwarten, sind jedes Mal ganz unterschiedlich. Ich mache das schon so lange und es gab kaum etwas, das genau identisch abgelaufen ist.

 

 „Es ist ja nicht so, dass eine Idee gleich da ist“

KOMMPress: Wie entsteht bei Ihnen eine Idee?

Heine: Unterschiedlich. Jeder entwickelt seinen eigenen Stil wie jeder Künstler seine eigene Art zu arbeiten hat. Und es kommt darauf an, ob man im Team oder alleine arbeitet. Im Team schmeißt man die Ideen einfach hin und her. Man springt. Ich brauche auch Zeit für mich alleine, damit die Ideen gären können. Es ist ja nicht so, dass eine Idee gleich da ist. Das ist meistens ein Prozess, der sich logisch ableiten lässt. Die Idee ist erst ganz am Ende. Und dann macht es natürlich auch Spaß, wenn man die Idee argumentieren kann.

KOMMPress: Gibt es bestimmte Orte, an denen Sie besonders kreativ sind? Oder bestimmte Mittel, die Ihre Kreativität fördern?

Heine: Mittel gibt’s nicht. Ich habe einmal Haschischplätzchen vor 20 Jahren gegessen. Das war das einzige Mal, dass ich mit Drogen in Berührung gekommen wäre. (lacht) Viel kommt einfach daher, dass man sich grundsätzlich vieles anschaut und die Augen offen hält. So einen Ort gibt’s bei mir auch nicht.

Michael Heine im InterviewKOMMPress: Glauben Sie, dass man Kreativität erlernen kann? Oder ist Kreativität eine Gabe, die man hat oder nicht hat?

Heine: Man kann irrsinnig viel lernen. Gerade in Bezug auf Werbung gibt es Dinge, mit denen man sich über Wasser halten kann. Aber ich denke, um etwas ganz Besonderes zu machen, muss man einfach dieses letzte Quäntchen im Kopf haben.

 

„Es hätte auch ein Ritter oder der Taucher werden können“

KOMMPress: Sie sind der Erfinder von Telerings Inder. Wie und wo ist die Idee des Inders entstanden?

Heine: Die Aufgabenstellung war, dass Telering die Chance haben muss, über verschiedene Themen reden zu können. Man hat überlegt wie  das denn überhaupt geht. Und da gibt es das Prinzip des Presenters. Der nächste Schritt war, sich zu fragen wer  der Presenter sein kann. Und da war dann die Idee, und darauf bin ich auch stolz, zu sagen, dass wir jemanden brauchen, der in gewisser Weise wundert. Wir haben bewusst jemanden genommen, der ein bisschen Widerspruch, Sprachlosigkeit oder Fragen aufwirft. Damit man ins Gespräch kommt. Es war uns wichtig, jemanden zu wählen, bei dem wir genau gewusst haben, dass die Leute auf jeden Fall mal stutzig werden. Es hätte auch ein Ritter oder der Taucher werden können. Warum ein Inder war dann ein Zufall. Es ist dann halt mal so gekommen. Und dann hat man überlegt, und ein bisschen kann man ihn ja auch argumentieren. Mit Indern verbindet man weise Menschen. Sie sind schlank und asketischer. Das passt dann auch wieder zur Marke. Ein Ritter hätte grundsätzlich nicht so gepasst. Deswegen haben wir den Inder genommen.

Die Idee des Inders ist also in der Gruppe entstanden, nur ich habe ihn konkret erfunden. Aber wie er spricht, macht ein Texter und wie er angezogen ist, macht der Artdirector. Das macht man nicht alles ganz alleine.

 

„Das letzte Ding war dann einfach dieser Gedankenblitz“

KOMMPress: Haben sie einen besonderen Bezug zu Indien? Oder ist die Idee einfach so gekommen?

Heine: Nein. Ich kann das jetzt auch nicht mehr nachvollziehen, ob ich zum Beispiel irgendwann indische Filme gesehen habe. Das letzte Ding war dann einfach dieser Gedankenblitz. Aber alles andere bis dahin war einfach ganz normal überlegt.

 

„Da hat man schon blöd geguckt, wenn man um 18h nach Hause gegangen ist“

KOMMPress: Beim Making Off (http://www.youtube.com/watch?v=GcH3Q-fdlS8) des neuen Telering Spots sieht man, dass das ganze Werbe-Team beim Werbedreh so richtig Spaß hatte. Der Werbeberuf wird oft als DER Traumjob dargestellt. Was sind die Schattenseiten?

Heine: Das ist für jeden etwas anderes. Für mich persönlich ist es, dass man permanent beurteilt und kritisiert wird. Damit muss man umgehen können und das ist mir am Anfang schwer gefallen. Dass Leute, die nicht viel Ahnung haben, einfach mit ihrem Geschmack tagelange Arbeiten zunichte machen. Das ist das Schöne bei Statikern, da kann eine Rechnung richtig oder falsch sein. Hier kann ich etwas aus meiner Sicht richtig machen und dem Kunden gefällt es einfach nicht. Auf der anderen Seite kann man dadurch auch herumpfuschen und Leute können sich in dem System verstecken, weil es eben keine Wahrheit gibt. Und früher waren es die langen Arbeitszeiten. Man will etwas werden und etwas beweisen. Da hängt man dann auch am Wochenende in der Agentur. Früher war man jünger und ehrgeiziger. In den Agenturen ist man sowieso immer unter Konkurrenzdruck. Da hat man schon blöd geguckt, wenn man um 18h nach Hause gegangen ist. Und das habe ich jetzt abgelegt. Als Freiberufler kann man sich die Zeit ein bisschen einteilen und das habe ich früher gar nicht gemacht.

KOMMPress: Haben Sie vor dem Interview schon von unserem Studiengang Kommunikationswirtschaft gehört?

Heine: Nein, aber zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich da relativ uninteressiert bin.  Das meine ich jetzt auch ganz ernst. Man könnte ja sagen, man hat auch die Aufgabe, sich um den Nachwuchs zu kümmern. Es ist toll, wenn man das macht, aber dafür muss man ein Händchen haben, um junge Talente zu finden.

 

„...dass Leute Sachen aus der Werbung nachsprechen!“

KOMMPress: Haben Sie eine Lieblingswerbung?

Heine: Das ist schwierig. Es gibt bestimmt etwas, was mir gefällt. Es gibt einfach so Sachen, die gefallen mir als Michael Heine. Werbungen, die auch gar nicht im wirtschaftlichen Sinne erfolgreich sind. Wenn zum Beispiel eine besonders gute Musik in einer Werbung ist oder so ein Mädchen, das da tanzt. Und dann gibt es Sachen, die ich total bewundere, wo ich sage „boah, das haben sie wirklich gut gemacht“ und das hat dann auch einen wirtschaftlichen Erfolg. Und es gefällt mir, wenn ich mitbekomme, dass Leute Sachen aus der Werbung nachsprechen! In Österreich kommt das eh immer aus der gleichen Ecke. Dirnberger de felice, Jung von Matt macht ganz gute Sachen und bisschen intelligentere Kampagnen. Grundsätzlich gefallen mir die Sachen, die nicht nur Werbung sind, sondern die auch ein bisschen versuchen, mit den Leuten zu spielen. Die auch fantasievoll sind und Blödsinnigkeiten unters Volk bringen. Zum Beispiel Ottakringer mit den Deckeln. Das ist ein bisschen mehr als nur zu sagen, das ist ein gutes Bier und das schmeckt so gut. Schlechtes Beispiel dagegen wäre dann Zipfer, wo jemand ins Swimmingpool springt. So etwas finde ich ur mühsam. Aber mir gefallen Sachen, wo man etwas Neues erfindet und versucht, die Leute mit ein zu binden.

 

„...wenn die Leute den Mut hätten, ehrlich zu sein.“

KOMMPress: Gibt es im Kontrast dazu für Sie die schlechteste Werbung?

Heine: Das kann man nicht so sagen. Was mich nur aufregt ist, wenn ich so aktuell eine schlanke Frau sehe, die sagt „ich fühle mich so aufgebläht“ (lacht) ich muss sagen ich weiß, warum so was passiert. Das heißt nicht, dass das schlechte Agenturen sind. Aber das ist so eine Art von Werbung, die mir überhaupt nicht gefällt. Was mir persönlich wichtig ist: Werbung kann irrsinnig erfolgreich sein, wenn die Leute den Mut hätten, ehrlich zu sein. Das machen nur ganz wenige. Zum Beispiel die Dovegeschichte, bei der Frauen mit Schwangerschaftsstreifen und rundlicheren Körpern gezeigt werden. Das wäre eine große Chance, nur das trauen sich die wenigsten. Momentan sehe ich nur Ansätze. So etwas würde ich sehr gerne mal machen. Ich hab das auch öfters probiert, allerdings ist es beim Kunden nicht durchgekommen. Kunden glauben nicht daran. Ich plappere zum Beispiel eigentlich immer ziemlich ehrlich über mich und gebe auch meine Schwächen zu. Und das ist auch eigentlich wieder ein Trick, aber ich komme damit ganz gut zu recht. Und ich denke, wenn das mit einer Person funktioniert, müsste das eigentlich auch mal in der Werbung funktionieren!(lacht)

 

„Wenn man verheiratet ist, ist man unglücklich...“

KOMMPress: Haben Sie ein Lebensmotto?

Heine: Im Leben kann man sich aussuchen, auf welche Art und Weise man unglücklich sein will. Das ist die einzige Wahrheit, die man hat.

KOMMPress: Ist das von ihnen?

Heine: Ja, das ist von mir. ... Wenn man verheiratet ist, ist man unglücklich, weil man verheiratet ist und keine anderen Frauen kennenlernen kann. Wenn man nicht verheiratet ist, wünscht man sich eine feste Beziehung. Hat man ein kleines Auto, will man ein großes Auto. Hat man ein großes Auto, will man ein kleines Auto.

KOMMPress: Können Sie sich mit einem Wort beschreiben.

Heine: Mittelmäßig. Das meine ich gar nicht negativ. Ich kann mich in viele Arten hineinversetzen. Ich bin nicht der Kleinste, nicht der Größte, nicht der Dümmste, nicht der Schlaueste. Ich kann die Leute verstehen, die ganz unten sind aber auch mit Doktoren umgehen. Mittelmäßig.

 

„Man muss die Leidenschaft spüren lassen“

 

Michael  Heine im Interview

KOMMPress: Schön. Können Sie uns noch einen Tipp für unsere berufliche Zukunft geben?  

Heine: Ein Tipp ist, Spaß zu haben. Zu kommunizieren. Aber manipulativ zu kommunizieren. Ich möchte jemanden mit meiner Art, meinen Worten und Ideen dazu bringen, dass er meiner Botschaft zuhört und sie versteht. Das zu trainieren ist der Tipp. Das Schwierigste ist ja den Inhalt so zu verpacken, dass jemand zuhört. Meistens kann man gar nicht beeinflussen, ob das Produkt gekauft wird, aber Beachtung finden, das ist das, was wir schaffen müssen! Auch beim Bewerben bei Agenturen muss man Initiative zeigen. Man muss es wirklich wollen. Man muss die Leidenschaft spüren lassen. Das ist nach wie vor das wichtigste. Ich glaube, wenn man das vermitteln kann, dass einen das auch wirklich interessiert, kommt das bei jedem gut an. Also ich glaube, gut ist, wenn man Augen und Ohren im Bekanntenkreis offen hält und Leute bei Veranstaltungen kennenlernt, die in der Branche sind.

KOMMPress: Vielen Dank für das Interview! Es war sehr interessant. Wir hoffen es war nicht zu lange.

Heine: (Lacht) Nein überhaupt nicht. Es war eigentlich sehr angenehm.

2010-05-16 18:25
von komm.milkakuh
(7 Kommentare)

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Kommentar von komm.true

Tolles Interview :-)

2010-05-16

Kommentar von gekko

Hurra, endlich ein neues Interview! Und ein interessantes noch dazu! Gute Arbeit :-)

2010-05-16

Kommentar von Manuel

Wirklich gutes Interview ;-)

2010-05-16

Kommentar von Lisa

yiiiha
guter mann, gutes interview.. :) gutes gewehr im hintergrund (?!)

2010-05-16

Kommentar von fanny

ja das mit dem gewehr ist mir auch gerade aufgefallen :)) sehr interessant.. :D
aber sonst klingt er sehr sympathisch!!

2010-05-16

Kommentar von Richard Pyrker

Spannendes Interview und sympatischer Werber (ähem, bis auf das Gewehr?). Die Geschichte mit dem "Inder" ist mir persönlich ein Rätsel. Ich selbst assoziiere mit dem Inder abwechselnd Tele.ring und T-Mobile - weil ich kaum Unterschiede erkenne... Ob nun Inder, Ritter oder Taucher ist ja egal, wie Hr. Heine selbst sagt, letztlich bleibt es ein Verkäufer ("Presenter" ist übrigens ein schöner Euphemismus). Ich frage mich, ob ich der einzige unbedarfte Konsument bin, der die beiden Firmen öfter verwechselt oder ob das gar gewollt ist? (Telering+TMobile sind ja 2006 fusioniert)

2010-05-17

Kommentar von abanibirabac

Sehr gelungenes, lustiges interview, sehr sympathischer typ! =)

2010-05-18